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Merkmale der Hochgebirgsvegetation


Mit ansteigender Meereshöhe behindern zunehmende Klimaextreme die Produktivität des Pflanzenwachstums, da sich die phänologischen Phasen verkürzen. In den Gebirgen der hohen und mittleren Breiten geht die Reduktion der saisonalen Aktivität auf die lang währende Schneebedeckung und Kälte zurück. Damit läuft zugleich eine Einschränkung der Gefäßpflanzendichte bzw. des Artenpotentials in den Hochlagen einher, wobei die mittleren und oberen Höhenstufen Ähnlichkeiten mit den polwärtigen Vegetationszonen belegen: Die subalpine Nadelwaldstufe zeigt einige Übereinstimmungen mit der borealen Zone, die alpine Strauch- und Mattenstufe mit der subpolaren Tundrenzone und die subnivale Frostschuttstufe mit den eisfreien Bereichen der polaren Zone.

Demgegenüber sind die Unterschiede zwischen den jeweiligen Höhenstufen und den vergleichbaren Vegetationszonen zu betonen. Sie ergeben sich aus der höhenwärts zunehmenden Strahlungsintensität. Damit einher gehen erweiterte Temperaturamplituden an Boden- und Pflanzenoberflächen sowie erhebliche Belastungen durch die gesteigerte UV-B-Einstrahlung. Beides fördert die Ausbildung von Schutzvorrichtungen bzw. die ökologische Plastizität, so dass in dem vorgegebenen Florenpotential im Vergleich zum Tiefland der Klimastress eine lebhaftere Artenneubildung verursacht. Unterstützt wird die Speziation der Hochgebirgspflanzen durch einen leichteren kleinräumigen Austausch zwischen benachbarten Standorten. Sie liegen im stark reliefierten Gelände mit zahlreichen Nischen in einem dichten Ökotopengefüge eng beisammen. Ebenso führen in den offenen Formationen der Hochlagen die Expositions- und Neigungsunterschiede auf kleinem Raum zu viel deutlicheren Kontrasten als in den bewaldeten Höhenstufen.


Quelle: Vegetationszonen der Erde
Autor: Michael Richter
Verlag: Klett-Perthes
Ort: Gotha
Quellendatum: 2001
Seite: 295
Bearbeitungsdatum: 17.05.2006